Woher kommt das Kreuz im Daadener Wappen?

Kulturhistorische Wanderung des Westerwaldvereins Daaden

In die Daadener Geschichte tauchten die etwa 45 Teilnehmer der kulturhistorischen Wanderung des Westerwaldvereins Daaden am 13. Mai 2007 ein. Gerhard Beck aus Biersdorf und gebürtig aus Herdorf, der sich in seiner Freizeit intensiv mit Heimatgeschichte und -forschung beschäftigt, vermittelte den Wanderern an verschiedenen markanten Punkten viele Einblicke in die frühe Geschichte des Daadener Landes, die zum Teil bislang noch nicht bekannt waren. Der Hobbyheimatforscher hat gründlich in alten Akten und Urkunden recherchiert und kann alle historischen Erkenntnisse urkundlich belegen.

Kulturhistorische Wanderung

Kulturhistorische Wanderung

Von Daaden führte der Weg die Wanderer zunächst bergauf zur Hüllbuche und von dort ins Sottersbachtal. Hier befand sich im 13. Jahrhundert der Hof Sichtersbach, der von dem ursprünglichen Eigentümer über den Ritter Christian von Seelbach an die Grafen von Sayn gelangte und als einer der ersten Besitztümer der Sayner im Raum Daaden/Herdorf angesehen werden kann.

Oberhalb von Herdorf, am Josefshäuschen, erläuterte Gerhard Beck den interessierten Zuhörern die frühere Dreiteilung von Herdorf: Königsmauer, Herdorf links der Heller und Herdorf rechts der Heller. Dabei gehörte der älteste Teil, die Königsmauer, von alters her zu Daaden.

Kulturhistorische Wanderung

Kulturhistorische Wanderung

Vom Josefshäuschen ging der Wanderweg wieder auf die Höhe: über die alte Grube „Malscheid“, die in einer Beschreibung zu Anfang des 18. Jahrhunderts als sehenswerte Kupfergrube erwähnt wird, erreichten die Wanderer den Hohenseelbachskopf.

Im Jahre 1350 schenkte Graf Johann von Sayn der Ganerbengemeinschaft der Seelbacher den Berg Malsch zur Erbauung einer Burg. Doch die Seelbacher störten den sogenannten Landfrieden. Vermutlich erhoben sie an der direkt vorbeiführenden alten Handelsstraße unberechtigt Wegezoll von Kaufleuten. Diese Landfriedensstörung bedeutete das Ende der Burg, die zwei Jahre später von den Seelbachern an den Erzbischof von Trier übergeben und von diesem zerstört wurde. Das Raubrittertum der Seelbacher und der Kampf um Hohenseelbach gehören damit eindeutig in den Bereich der Sage.

Kulturhistorische Wanderung

Über die Rodenbach erreichten die Wanderer den Mühlberg, von dem sich ein schöner Blick auf Daaden und die umliegenden Höhen bietet, u. a. auch auf die „Burg“ oberhalb des Silberberges. Aller Wahrscheinlichkeit nach stand hier tatsächlich einmal eine Burg, und zwar die von Gerhard von Seelbach aus der Krottorfer Linie, einem Burgmannen der Grafen von Sayn, da das Zentrum seines Wirkens in und um Daaden lag. In einer Urkunde von 1326, der einen innerfamiliären Verkauf regelt, ist von Burgen (Mehrzahl!), Höfen, Häusern, Wiesen und Äckern in und um Daaden herum die Rede. Vermutlich reversierten die Krottorfer ihr Territorium an die Sayner Grafen, die dadurch in dessen Besitz gelangten.

Vom Mühlberg führte die letzte Etappe der Wanderung in den Ortskern von Daaden. Stationen waren die ehemalige Kupferhütte (heute „Dollar-Hugo“) und der Schützenhof.

In der Kirche hörten die Geschichtsinteressierten noch einen ausführlichen Bericht von Gerhard Beck über das „Greifensteiner Lehen“, den Besitz der Sayner in Daaden und das alte Gerichtssiegel, das auch Grundlage des Amtswappens ist.

Im 10./11. Jahrhundert gehörte Daaden zum Haigergau, der der Herrschaft des Wormser Bischofs unterstand. Im 12. Jahrhundert drangen die Greifensteiner in unseren Raum u. a. bis nach Daaden vor, wo neue Besitzungen entstanden. Als die Burg Greifenstein im Jahr 1298 zerstört wurde, verkauften die Erben den gesamten Besitz an den damaligen König Albrecht I., der wiederum im Jahre 1308 die Besitzrechte an die Grafen von Nassau-Dillenburg übertrug. Es erfolgte die Belehnung und damit die Bestätigung durch Bischof Emmerich von Worms. Mit diesem Tag fiel somit auch Daaden erstmals an das Haus Nassau.

Zwar belehnte der Nachfolger von König Albrecht, Ludwig der Bayer, den Grafen Gottfried von Sayn 1322 mit der Herrschaft Greifenstein, doch blieb sie nicht in Sayner Händen. Sein Sohn Johann von Sayn-Greifenstein verkaufte seine Rechte an Burg und errschaft am 6. Septber 1395 dem Grafen Herrschaft Greifenstein an Graf Johann von Nassau-Dillenburg, wozu Bischof Eckard von Worms, dessen Vorfahren aus Derschen stammten, bereits zwei Tage später seine Genehmigung erteilte. Von besonderer Bedeutung ist eine dem Vertrag beigefügte Auflistung über die Greifensteiner Besitzungen bzw. Lehen; hier werden sowohl die Kirche von Daaden als auch die „Greifensteiner Leute daselbst“ genannt. Oberster Lehnsherr des Zentrums von Daaden war daher der Wormser Bischof.

Noch im Jahr 1474 wird der Kirchsatz zu Daaden als zur Herrschaft Greifenstein gehörig erwähnt. Wann genau nun die endgültige Übertragung an die Sayner erfolgte, muss noch ermittelt werden. Jedenfalls beanspruchte das Haus Nassau-Dillenburg noch bis ins 17. Jahrhundert hinein die Kollatur (Recht zur Besetzung der Pfarrstelle) in Daaden.

Hahnengel
Hahnengel

Und wie gelangten die Sayner nach Daaden? Die oberste Gerichtsbarkeit im Kirchspiel Daaden hatten seit dem 12. Jahrhundert die Edelherren von Molsberg. Die niedere Gerichtsbarkeit lag in den Händen der hier ansässigen niederen Adelsgeschlechter von Mauden und Langenbach; auch Derschen hatte einen kleinen Anteil an der Vogtei (Verwaltungs- und Gerichtsbezirk) Daaden.

Im Jahre 1345 kaufte Johann von Sayn von Christian von Mauden und dessen Sohn Konrad deren Recht und Eigentum an den Gerichten zu Daaden, Kirburg und Gebhardshain ab. Nassau machte zwar eigene Ansprüche auf das Gericht in Daaden geltend, konnte sich in einem Rechtsstreit aber nicht durchsetzen. 1365 verzichteten Johann und sein Sohn Wilhelm von Derschen für eine Geldrente gegenüber Sayn auf alle Ansprüche an den vorgenannten drei Gerichten. Die Geldrente mussten die in Daaden ansässigen „Freusburgischen Untertanen“ der Sayner aufbringen. Zu diesem Zeitpunkt wird erstmals die Trennung Daadens bestätigt; einerseits ist von den „Freusburger Untertanen“, andererseits von „Greifensteiner Leuten“ die Rede.

Im Jahre 1465 verfasste Graf Gerhard II. von Sayn eine Gerichtsordnung, in der in § 13 angeordnet wurde, dass zum einen für das hohe Gericht zu Hachenburg vor dem Tore und zum anderen für das Gericht zu Daaden ein eigenes Gerichtssiegel anzufertigen und zu verwenden sei. Urkunden mit der Verwendung dieses Siegels sind aus den Jahren 1471 und 1495 erhalten. Im Daadener Heimatmuseum befindet sich noch ein Original des alten Gerichtssiegels, das im oberen Feld einen Löwen, das Wappentier der Sayner, und im unteren Feld ein Kreuz aufweist.

Dieses alte Gerichtswappen wurde vor 50 Jahren auch das Wappen der Verbandsgemeinde Daaden. In der amtlichen Wappenbeschreibung wird das Kreuz als Zeichen der Greifensteiner gedeutet, das auf die frühere Zugehörigkeit von Daaden zur Greifenstein Sayn hinweise.

Wenn aber zweifelsfrei feststehe, dass die Verwendung eines Siegels des Gerichts zu Daaden im Jahre 1465 erstmals von Sayn angeordnet wurde, andererseits aber zum gleichen Zeitpunkt die Grafen von Nassau im Besitz des Zentrums von Daaden, nämlich der Kirche sowie der nebenan wohnenden „Greifensteiner Leuten“ waren, dann muss die Beschreibung des Wappens der Verbandsgemeinde Daaden korrigiert werden, führte Gerhard Beck aus. Das Gerichtswappen hatte keinen Bezug zum Greifensteiner Lehen.

Gerichtssiegel
Gerichtssiegel

Und welche Bedeutung hat das Kreuz im Wappen dann? Darauf gibt es für Gerhard Beck nur eine Antwort Das Kreuz entspricht exakt dem damaligen Wappen der Kurfürsten zu Trier, die die Lehnsherren der Sayner waren. Letztere wollten mit diesem Kreuz nochmals eine deutliche Abgrenzung zu den Nassauern erreichen. Das Sayner Gericht zu Daaden war ganz klar ein Trierer Lehen.

Und noch eine kulturhistorisch interessante Begebenheit erfuhren die Teilnehmer der Wanderung: Ein Heinrich von Daaden aus der Diözese Trier berichtete über eine Wunderheilung, die 1232 am Grab der Elisabeth von Thüringen erfolgt sein soll, wie folgt: ein etwa 50-jähriger namens Arnold, aus dem Kirchspiel Morsbach stammend, sei an einem Bein gelähmt gewesen, so dass er nicht richtig sitzen konnte. Er stützte sich auf dazu angefertigte Stöcke, ohne die er sich nicht bewegen konnte, außer krabbelnd in seinem Haus. Kurz nach dem Fest des heiligen Michael näherte er sich dem Grab der Herrin Landgräfin. Nachdem er die Gnade Gottes und die Hilfe der genannten Herrin angerufen hatte, wurde er gesund und kehrte ohne Krücken zurück. Zwölf weitere Personen aus Daaden bestätigten die Aussage von Heinrich.

Text: Ulrich Meyer